Pflegestufe 0

Alte Pflegestufen 1 bis 3

Was bedeutet „Pflegestufe 0“ und „eingeschränkte Alltagskompetenz“? Was sind die Voraussetzungen und welche Leistungen stehen damit zu? Damit eine pflegebedürftige Person Leistungen der Pflegeversicherung erhält, muss sie in eine Pflegestufe eingestuft worden sein. Wie die Voraussetzungen sind, haben wir in diesem Artikel berichtet. So liegt beispielsweise der notwendige Hilfebedarf in der Grundpflege für Pflegestufe I bei 45 Minuten am Tag. 

 

Es gibt jedoch auch Pflegebedürftige, die diesen Bedarf an Hilfe im Bereich der Grundpflege zwar nicht erfüllen, jedoch sehr viel Beaufsichtigung und Betreuung brauchen. Das ist besonders häufig bei Personen mit Demenz, geistiger Behinderung oder auch psychischen Erkrankungen der Fall. Diese verfügen dann womöglich über eine sogenannte eingeschränkte Alltagskompetenz und erhöhten Betreuungsbedarf. Für diese hat sich der inoffizielle Begriff „Pflegestufe 0“ eingebürgert. 


Wann bekomme ich Pflegestufe 0?

Um einen erhöhten Betreuungsbedarf anerkannt zu bekommen, überprüft der Gutachter in einem Besuch ob in den folgenden Bereichen Auffälligkeiten bestehen:

  1. Unkontrolliertes Verlassen des Wohnbereiches (Weglauftendenz)
  2. Verkennen oder Verursachen gefährdender Situationen
  3. Unsachgemäßer Umgang mit gefährlichen Gegenständen oder potenziell gefährdenden Substanzen
  4. Tätlich oder verbal aggressives Verhalten in Verkennung der Situation
  5. Im situativen Kontext inadäquates Verhalten
  6. Unfähigkeit, die eigenen körperlichen und seelischen Gefühle oder Bedürfnisse wahrzunehmen
  7. Unfähigkeit zu einer erforderlichen Kooperation bei therapeutischen oder schützenden Maßnahmen als Folge einer therapieresistenten Depression oder Angststörung
  8. Störung der höheren Hirnfunktion (Gedächtnis, Urteilsvermögen), die zu Problemen bei der Bewältigung von sozialen Alltagsleistungen geführt haben
  9. Störungen des Tag-Nacht-Rhythmus
  10. Unfähigkeit, den Tagesablauf eigenständig zu planen und zu strukturieren
  11. Verkennen von Alltagssituationen und inadäquates Reagieren in Alltagssituationen
  12. Zeitlich überwiegende Niedergeschlagenheit, Verzagtheit, Hilflosigkeit oder Hoffnungslosigkeit aufgrund therapieresistenter Depressionen
  13. Ausgeprägtes labiles oder unkontrolliertes emotionales Verhalten
Durchschnittlicher Hilfebedarf pro Tag Zeitaufwand insgesamt bei der Grundpflege und davon bei der Grundpflege
Pflegestufe 0  < 90 Minuten  < 45 Minuten

Pflegestufe 0 Test

Mit dem nachfolgenden Test können Sie herausfinden, ob Ihr Pflege- bzw. Hilfebedürftiger die Kriterien für Pflegestufe 0 erfüllt. Kreuzen Sie die Faktoren an, die bei dem Pflegebedürftigen zutreffen.

☐     Körpergewicht über 80 kg

☐     Versteifung der Arm- und Beingelenke / verkrampfe Muskulatur / eingeschränkte Beweglichkeit / unkontrollierte Bewegungen

☐     Schluckstörungen / Störungen der Mundbewegung / Atemstörungen,

☐     Abwehrverhalten oder fehlende Kooperation mit Behinderung der Übernahme

☐     Stark eingeschränkte Sinneswahrnehmung  / stark therapieresistente Schmerzen

☐     Geringe Belastbarkeit (z.B. Luftnot bei geringer Anstrengung)

☐     Pflegebehindernde räumliche Verhältnisse / zeitaufwendiger Hilfsmitteleinsatz (z.B. bei Liftereinsatz)

 

Besteht bei dem Pflegebedürftigen eine erheblich eingeschränkte Alltagskompetenz? Kreuzen Sie die Fragen an, wenn die Unzulänglichkeit dauerhaft und regelmäßig auftritt. 

 

1. Unkontrolliertes Verlassen des Wohnbereichs (Weglauftendenz)

☐     Drängt der Pflegebedürftige förmlich aus der Wohnung heraus? Will er sie unbedingt verlassen, ohne einen klaren Sinn und Zweck dahinter zu haben?

☐     Sucht er immer wieder z.B. seine Kinder oder Eltern außerhalb der Wohnung?

☐     Läuft er in der Wohnung planlos umher und verlässt sie dadurch?

 

2. Verkennen oder Verursachen gefährdender Situationen

☐     Greift der Pflegebedürftige in den Straßenverkehr ein? Läuft er unkontrolliert auf der Straße herum?  Hält er Autos oder Radfahrer an und gefährdet dadurch seine Sicherheit oder die anderer?

☐     Verlässt er die Wohnung in unangemessener Kleindung und gefährdet sich dadurch selbst (beispielsweise durch eine Unterkühlung)? 

 

3. Unsachgemäßer Umgang mit gefährlichen Gegenständen oder potenziell gefährdenden Substanzen

☐     Schaltet der Pflegedürftige Herdplatten oder andere elektronische Geräte unkontrolliert ein? Dreht er Gasanschlüsse unkontrolliert auf?

☐     Geht er unangemessen mit offenem Feuer in der Wohnung um?

☐     Würde er in elektrisches Gerät, z.B. den Fön eingeschaltet in Wasser reinigen oder die Wäsche im Backofen trocknen?

☐     Isst er unpassende Dinge (Zigaretten, Erde oder ähnliches)?

☐     Kann er mit Medikamenten oder Chemikalien nicht angemessen umgehen (nimmt er z.B. Zäpfchen oral ein)?

☐     Isst er verdorbene Lebensmittel?

 

4. Tätlich oder verbal aggressives Verhalten in Verkennung der Situation

☐     Schlägt, tritt, beißt, kratzt, kneift oder spuckt der Pflegebedürftige? Wirft er mit Gegenständen?

☐     Zerstört er fremdes oder eigenes Eigentum?

☐     Dringt er in fremde Räume ein?

☐     Verletzt er sich selbst?

☐     Beschimpft oder beschuldigt er Sie oder andere ohne Grund?

 

5. Im situativen Kontext inadäquates Verhalten

☐     Uriniert oder kotet der Pflegebedürftige in die Wohnräume, ohne dass dies durch eine eventuelle Inkontinenz ausgelöst wird?

☐     Verschmiert er Kot und/oder isst diesen?

☐     Schmiert er mit Essen herum, z.B. indem er es mit den Händen an der Wand verteilt?

☐     Zieht sich er sich ständig an und/oder aus?

☐     Zerpflückt er Inkontinenzeinlagen?

☐     Neigt er dazu, ständig an Dingen zu zupfen?   Zeigt er ständige Unruhe?

☐     Sammelt er Gegenstände (auch fremdes Eigentum)? 

☐     Versteckt oder verlegt er Gegenstände?

☐     Schreit und ruft er permanent und ohne ersichtlichen Grund?

Hinweis zu 5.: Hier ist auszuschließen, dass das inadäquates Verhalten in Zusammenhang mit mangelndem Krankheitsgefühl, fehlender Krankheitseinsicht oder therapieresistentem Wahnerleben und Halluzinationen steht, da dies unter 11. dokumentiert wird. 

 

6. Unfähigkeit, die eigenen körperlichen und seelischen Gefühle oder Bedürfnisse wahrzunehmen

☐     Nimmt der Pflegebedürftige Hunger und/oder Durst nicht wahr?

☐     Kann er Hunger- oder Durstgefühle nicht äußern?

☐     Isst oder trinkt er alles, was er erreichen kann, in übermäßiger Menge?

☐     Nimmt er Schmerz nicht wahr?

☐     Muss er zu jedem Toilettengang aufgefordert werden, weil er Harn- und Stuhldrang nicht wahrnimmt oder nicht äußern kann?

☐     Kann er Schmerzen nicht äußern oder lokalisieren?

 

7. Unfähigkeit zu einer erforderlichen Kooperation bei therapeutischen oder schützenden Maßnahmen als Folge einer therapieresistenten Depression oder Angststörung

☐     Verbringt der Pflegebedürfte den ganzen Tag apathisch im Bett?

☐     Ist es nicht möglich ihn zu aktivieren?

☐     Kann er nicht aus eigenem Antrieb essen, trinken, gehen oder sich beschäftigen? Verlässt er den Platz, an der er z.B. morgens von der Pflegeperson hingesetzt wird, nicht aus eigenem Antrieb?

☐     Verweigert er Nahrung? Verweigert er  den Toilettengang?

 

Hinweis zu 7.: Die Therapieresistenz einer Depression oder Angststörung muss 

nervenärztlich/psychiatrisch gesichert sein.

 

8. Störung der höheren Hirnfunktion (Gedächtnis, Urteilsvermögen), die zu Problemen bei der Bewältigung von sozialen Alltagsleistungen geführt haben

☐     Erkennt der Pflegebedürftige ihm vertraute Personen, z.B. Kinder, Ehemann/-frau oder die Pflegeperson nicht? 

☐     Kann er nicht mit (Wechsel-) Geld umgehen?

☐     Kann er sich nicht mehr artikulieren und ist dadurch seine Alltagsleistung eingeschränkt?

☐     Findet er sein Zimmer in der Wohnung nicht mehr wieder? Findet er nicht ohne Probleme zu seiner Wohnung zurück?

☐     Erinnert er sich nach kurzer Zeit nichtmehr an getroffene Absprachen?

 

9. Störungen des Tag-Nacht-Rhythmus

☐     Ist der Pflegebedürftige nachts stark unruhig und verwirrt?

☐     Zeit er nachts inadäquate Verhaltensweisen, z.B. weckt er Sie in der Nacht und verlangt Frühstück?

 

10. Unfähigkeit, den Tagesablauf eigenständig zu planen und zu strukturieren

☐     Kann der Pflegebedürftige seine Körperpflege, Ernährung oder Mobilität nicht mehr angemessen und seiner Biographie entsprechend planen?

☐     Ist er nicht in der Lage, Aktivitäten zu planen?

☐     Ist es ihm nicht mehr möglich Planungen einzuhalten?

Hinweis: Hier sind nur Beeinträchtigungen der Aktivitäten zu berücksichtigen, die nicht bereits unter 7. oder 8. erfasst worden sind.

 

11. Verkennen von Alltagssituationen und inadäquates Reagieren in Alltagssituationen

☐     Hat der Pflegebedürftige Angst vor seinem eigenen Spiegelbild?

☐     Fühlt er sich von Personen im Fernseher verfolgt oder bestohlen?

☐     Hat ihr Angehöriger Personenfotos von fremden Personen in seiner Wohnung?

☐     Verweigert er das Essen aus Angst vergiftet zu werden?  Hat er das Gefühl, Gift im Essen zu riechen oder zu schmecken?

☐     Glaubt er, dass fremde Personen auf der Straße ein Komplott gegen ihn schmieden?

☐     Redet er mit oder schimpft über nicht anwesende Personen?

☐     Hat er akustische oder optische Halluzinationen?

 

Hinweis: Hier geht es um Verhaltensstörungen, die in 5. nicht erfasst und durch nichtkognitive Störungen bedingt sind. Solche Störungen können vor allem bei 

Menschen mit Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis sowie auch 

bei demenziell erkrankten und (seltener) depressiven Menschen auftreten. Das 

Verkennen von Alltagssituationen und inadäquates Reagieren in 

Alltagssituationen muss die Folge von mangelndem Krankheitsgefühl, fehlender 

Krankheitseinsicht, therapieresistentem Wahnerleben und therapieresistenten 

Halluzinationen sein, welche nervenärztlich/psychiatrisch gesichert sind.

 

12. Ausgeprägtes labiles oder unkontrolliertes emotionales Verhalten

☐     Weint der Pflegebedürftige plötzlich und/oder der Situation unangemessen?

☐     Zeigt er sich häufig unmotiviert?

☐     Weint er häufig plötzlich?

☐     Ist er distanzlos?

☐     Ist er grundlos euphorisch?

☐     Zeigt er sich gereizt und abweisend?

☐     Ist er sehr misstrauisch? 

☐     Ist der Umgang mit dem Pflegebedürftigen durch dieses Verhalten erheblich erschwert?

 

13. Zeitlich überwiegende Niedergeschlagenheit, Verzagtheit, Hilflosigkeit oder Hoffnungslosigkeit aufgrund therapieresistenter Depressionen

☐     Jammert oder klagt der Pflegebedürftige ständig?

☐      Klagt er ständig über die Sinnlosigkeit seines Lebens oder seiner Handlungen?

Hinweis: Die Therapieresistenz einer Depression muss nervenärztlich/psychiatrisch 

gesichert sein.

 

Auswertung

Der Pflegebedürftige hat Anspruch auf den Grundbetrag (100 Euro), wenn Sie im Test wenigstens zwei Bereiche, davon mindestens einmal in einem der Bereiche 1 bis 9, angekreuzt haben. Anspruch auf den erhöhten Betrag (200 Euro) erhält er, wenn Sie zusätzlich zu dem normalen Beitrag mindestens einmal aus den Bereichen 1 bis 5, 9 oder 11 angekreuzt haben.


Leistungen bei Pflegestufe 0

Mit der Pflegestufe 0 entstehen auch ohne weitere Pflegestufe Ansprüche auf:

  • Pflegegeld und Pflegesachleistungen,
  • Verhinderungspflege,
  • Technische Hilfsmittel und zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmitteln,
  • Zusätzliche Betreuungsleistungen (100€/200€ im Monat).
Pflegestufe 0 Ohne eingeschränkte Alltagskompetenz Mit eingeschränkter Alltagskompetenz
Pflegegeld 0 Euro 123 Euro
Pflegesachleistung 0 Euro 231 Euro
Teilstationäre Pflege 0 Euro 213 Euro
Verhinderungspflege 0 Euro 184,50 Euro
Betreuungsleistung 1.248 Euro 1.248 Euro / 2.496 Euro

leistungen bei demenz

Seit Anfang des Jahres gilt das Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz, dessen Änderungen besonders Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz berücksichtigen. Was eingeschränkte Alltagskompetenz bedeutet, haben wir hier bereits in unserem Beitrag zur „Pflegestufe 0“ beschrieben. 

 

Aber welche Leistungen stehen zu, wenn ein erhöhter Betreuungsbedarf – auch Pflegestufe 0 genannt – festgestellt wurde? Und wie hoch sind diese?

 

Zusätzliche Betreuungsleistungen

Diese 100 Euro (Grundbetrag) bzw. 200 Euro (erhöhter Betrag) werden monatlich als Sachleistung gewährt. Sie können für die Tages- oder Nachtpflege, die Kurzzeitpflege, Betreuung von Pflegediensten oder sogenannte niedrigschwellige Betreuungsangebote verwendet werden.

 

Pflegegeld oder Pflegesachleistungen

Der Pflegebedürftige erhält 120 Euro Pflegegeld oder bis 225 Euro Sachleistungen. Wurde er zusätzlich in eine Pflegestufe eingestuft, erhält er in Pflegestufe I zusätzlich 70 Euro mehr Pflegegeld oder 215 Euro mehr Sachleistung. In Pflegestufe II wird das Pflegegeld um 85 Euro erhöht und die Sachleistung um 150 Euro.

Tipp: Diese Leistungen können Sie auch als Kombinationsleistung in Anspruch nehmen!

 

Verhinderungspflege

Sollten Sie als pflegender Angehörige verhindert sein, zum Beispiel weil Sie krank sind oder generell Erholung brauchen, bietet sich die Verhinderungspflege an. Im Jahr stehen bis 1.550 Euro zu, mit denen Sie eine Pflegekraft bezahlen können, die sich ersatzweise um den Pflegebedürftigen kümmert. 

 

Wohnraumanpassungen

Auf Antrag bezahlt die Pflegekasse bis zu 2.557 Euro für einen Umbau, wenn dieser die Selbstständigkeit oder die häusliche Pflege des Pflegebedürftigen erleichtert bzw. ermöglicht.

 

Pflegehilfsmittel

Als Pflegehilfsmittel bezeichnet man Produkte: zur Erleichterung der Pflege, zur Körperpflege, zur selbständigen Lebensführung und Mobilität, zur Linderung von Beschwerden oder zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel.

Das sind zum Beispiel Pflegebetten, Toilettenstühlen, Rollatoren, Notrufsysteme oder Ähnliches. Diese werden von Pflegekasse – nach Überprüfung der Notwenigkeit – meist leihweise überlassen. 

 

Tipp:  Für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel, wie beispielsweise Desinfektionsmittel oder Einweghandschuhe werden jeden Monat bis zu 31 Euro Kosten erstattet. Mittlerweile gibt es jedoch ein Angebot, dass Ihnen jeden Monat eine Lieferung an Hilfsmitteln zukommen lässt und diese automatisch mit der Pflegekasse verrechnet – gerne informieren wir Sie hierzu. 

 

Zusammengefasst gibt es bei Pflegestufe 0:

100 bzw. 200 Euro Betreuungsleistungen

120 Euro Pflegegeld oder 225 Euro Sachleistungen und bei Pflegestufe I oder II erhöhen sich die Leistungen weiter

1.550 Euro Verhinderungspflege im Jahr

Anspruch auf Wohnraumanpassungen (jeweils bis 2.557 Euro) und Pflegehilfsmittel

 

Übrigens: in unserer Informationsbroschüre finden Sie einen Test zum erhöhten Betreuungsbedarf und viele weitere nützliche Informationen zu den beschriebenen Leistungen.

Pflegegrad 0

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